Eigentlich hat sich Heinz Holzer auf sein Rentnerleben zusammen mit Tilli gefreut. Aber dann kam dieses Angebot. Tilli wird aus der Erinnerung gelöscht und statt ihrer soll Sabrina das Tittchen eingesetzt werden, das hält jung, kostet aber. Als Heinz eine Hypothek auf das Haus aufnimmt, schickt Tilli ihrem Heinz zwei Headhunter hinterher. Aber wo ist die Erinnerung Heinz‘ an Tilli geblieben? Ein schwarzes Stück Grand-Guignol mit diskursiven Textflächen.
von Klaus Häusler | Maxim Gorki Theater Berlin | Regie: Markus Joss | Mit: Johannes Everard, Amit Jacobi, Benno Lehmann, Christoph Levermann, Alina Lorena Niborski, Magdalena Roth, Karoline Vogel, Emilie Wrowlawski Jedwab.
«Eine ambitionierte und beeindruckende Reise in die Zukunft der Selbstoptimierung mittels Neurochirugie. Und die geht so: Acht Puppenspieler tragen grüne OP-Kittel und erzählen mit einem halben Dutzend Puppen die Geschichte von Heinz Holzer, einem antriebslosen Angler, der von seiner Frau Tilli zwecks Nachbesserung in die Spezialklinik geschickt wird. Dort überredet ihn ein mephistophelischer Professor dazu, doch gleich die Generalüberholung zu buchen – also sich die Erinnerung (rein mit dem Schlauch in die realistisch schimmernde Hirnmasse!) komplett absaugen zu lassen, um sich in der Folge nach den eigenen Vorstellungen selbst zu entwerfen.
Das Projekt geht leider nach hinten los. Heinz wird eine Art Zombie mit seelenloser Fistelstimme. Puppen, die erst zum Leben erweckt werden, um dann zu Automaten zu mutieren, das ist lässige Puppenspielerselbstironie. Genauso souverän und abgeklärt geht man hier mit Videoübertragung und dem faszinierenden Grusel medizinischer Diskurse um, ohne dabei – und das ist die Kunst – den animistischen Zauber der Gattung zu zerstören. “Unmenschlicher Montag” im Gorki. Unbedingt merken.»
Andreas Schäfer | Kurz & Kritisch – tagesspiegel.de 02.05.2012


